frust über universitätskarrieren.
aus der tagesspiegel-kolumne 'vom campus'.
Mit dem Grundgesetz unvereinbar: Das entschied am Donnerstag das Bundesverfassungsgericht. Gemeint war eine Regelung im Berliner Hochschulgesetz, die für fairere Beschäftigungsbedingungen von Wissenschaftler:innen sorgen sollte.
Zur Erinnerung: 2021 hat die damalige rot-grün-rote Landesregierung entschieden, dass Hochschulen zukünftig Anschlusszusagen für befristet beschäftigte Postdocs aussprechen müssen. Das heißt: Wird eine promovierte Person zunächst befristet eingestellt, um auf ein Qualifikationsziel hinzuarbeiten, muss die Stelle entfristet werden, wenn dieses erreicht wurde. Damit sollte Kettenbefristungen entgegengewirkt werden, die viele Wissenschaftler:innen derzeit bis in die fünfte Lebensdekade auf befristeten Stellen hält.
Das Gericht urteilt nun, dass eine Verpflichtung zu Anschlusszusagen die Wissenschaftsfreiheit der Hochschulen einschränkt. Diese Einschätzung mag juristisch plausibel sein, ist für junge Wissenschaftler:innen aber natürlich bitter. Denn fraglich ist, wie frei sie eigentlich forschen können, wenn ihre Finanzierung nur für einige Monate gesichert ist.
Was folgt nun daraus? Zunächst nichts: Die Anwendung der verpflichtenden Anschlusszusagen wurde immer wieder vertagt, zuletzt auf das kommende Jahr. Die aktuelle schwarz-rote Regierung hat sich ohnehin bereits davon distanziert, eine Abkehr von diesem Vorhaben war daher absehbar.
Und was bleibt am Ende? Hoffentlich mehr als die Frustration darüber, dass den Kettenbefristungen erneut nichts entgegengesetzt wurde. So viele Ideen wurden gesammelt, wie eine Hochschule ohne prekäre Beschäftigung gestaltet werden könnte. So viele Standpunkte ausgetauscht, wie sich die Vor- und Nachteile verschiedener Personalstrukturen ausbalancieren ließen. Es bleibt zu hoffen, dass diese Diskussionen die Hochschulen nichtsdestotrotz weiter bringen auf ihrem Weg zu einer modernen Personalstruktur.
Dieser Artikel wurde zuerst im Tagesspiegel veröffentlicht. Er ist Teil der Kolumne “Vom Campus”, in der ich alle 4 Wochen einen Text veröffentliche.